Die Longmen Grotten sind die drittgrößte chinesische Grotten-tempelanlage nach denen von Dunhuang [Mogao Grotten] und Datong [Yun'gang Grotten]. Sie liegen circa 13 Kilometer südlich von Luoyang entfernt an beiden Seiten des Yi Flusses.
Als unter Kaiser Xiaowen der Nördlichen Wei Dynastie im Jahre 493 die Hauptstadt von Pingcheng /Datong nach Luoyang verlegt wurde, begannen auch in dem von steilen Kalksteinwänden gesäumten Flußtal die Bauarbeiten an den Grotten. In einem Zeitraum von 600 Jahren sind auf einer Länge von etwa einem Kilometer an beiden Ufern des Yi Flusses insgesamt über 2300 Grotten angelegt und mehr als 100 000 Figuren sowie Inschriften mit ungefähr 300 000 Schriftzeichen geschaffen worden.
Darüber hinaus sind heute noch 43 Pagoden auf den Bergen, die das Tal begrenzen, zu finden.
Der Name Longmen Grotten, der soviel heißt wie Drachen-Tor Grotten, leitet sich davon ab, daß der kaiserliche Palast der Sui Dynastie nahe des Eingangs zum Tal lag. Mit dem Drachen ist allegorisch der Kaiser gemeint.
Die Verlegung der Hauptstadt nach Luoyang ist die deutlichste Veranderung in der Politik der ursprünglich nicht chinesischen Dynastie der Nördlichen Wei, ihre endgültige Abwendung von den nomadischen Ursrpüngen hin zur chinesischen Kultur. Neben vielem anderen wird das auch in der buddhistischen Kunst der Longmengrotten sichtbar. Und zwar besonders dann, wenn man die Longmen Grotten mit den Yun'gang Grotten in Datong vergleicht.
Im 19. und 20. Jahrhundert wurden durch ausländische Souvenierjäger und ihre lokalen Helfer umfangreiche Schäden in den Grotten angerichtet. Wo es nur möglich war, wurden die Köpfe der Figuren abgesägt und Teile aus den Felsen gebrochen oder sogar ganze Figuren entfernt. Sie zieren heute die Museen und privaten Sammlungen in Europa, Japan und den USA.
Aber auch die Bilderstürmer während der Kulturrevolution haben ihren Anteil an den Zerstörungen der Grotten, die zu diesem Zeitpunkt schon unter gesetzlichem Schutz standen. Besonders betroffen davon war die "Zehntausend Buddha Grotte".
Natürlich hat auch die ganz normale Verwitterung des Gesteins in mehr als tausend Jahren einen nicht unerheblichen Beitrag zur Veränderung der ursprünglichen Anlage beigetragen. Nicht jeder Schaden ist auf die Tätigkeit von Kulturbarbaren zurückzuführen.
Trotz der zahlreichen Verluste und Zerstörungen beherbergen die Grotten noch riesige Menge kultureller Schätze, die es rechtfertigten, daß die Grotten im Jahr 2000 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen wurden.
Die Grotten wurden in vier deutlich voneinander abzugrenzenden Phasen geschaffen.
Die erste Phase, in der etwa 30 % aller Grotten geschaffen wurden, begann am Westufer des Flusses und dauerte vom Jahr 493 bis zum Jahr 534, dem Jahr, in dem die Nördliche Wei Dynastie auf Grund innerer Streitigkeiten zerfiehl.
Um einen Eindruck von dem Umfang der Arbeiten zu geben, sei auf zwei Beispiele verwiesen.
Die erste Grotte, die aus dem Felsen gehauen wurde, war die Grotte Guyangdong. Historische Aufzeichnungene belegen, daß an den Arbeiten mehr als 200 Leute über mehr als 50 Jahre beschäftigt waren. Mit ihr begann ein großes Programm, das von den Herrschern der Nördlichen Wei Dynastie initiiert wurde.
Für die drei Binyang Grotten braucht man 24 Jahre, um sie fertigzustellen.
Die nächste Periode fällt in die Zeit zwischen 534 und 626. In dieser Zeit wurden nur wenige und kleine Grotten geschaffen. Es ist eine Zeit innerer Unruhen in China und sie dauert bis in die frühe Tangperiode.
Mit der Festigung der Tang Dynastie und der Inthronisierung des Kaisers Taizong im Jahr 626 begann auch wieder die Bautätigkeit in dem Flußtal. Die Gruppe der riesigen Statuen in der Fengxiansi Grotte sind das typischste Beispiel für die buddhistische Steinmetzkunst in dieser Periode. Zahlreiche Grotten aller Größen wurden in die beiden Uferwände des Flusses gemeißelt. Jetzt wurde auch das Ostufer einbezogen. Es enthält ausschließlich Grotten aus dieser Periode.
Die tangzeitlichen Grotten bilden 60 % aller Longmen Grotten. Außerdem wurden in dieser Zeit viele Tempel auf den das Tal begrenzenden Bergen gebaut.
Die letzte Phase begann Mitte des 8. Jahrhunderts mit dem Niedergand der Tang Dynastie und dauerte bis zur Zeit der Nördlichen Song Dynastie.
Die Eroberungszüge der Mongolen, die unter Dschingis Khan begannen, brachten die Bautätigkeit bei den Grotten zu einem endgültigen Ende.
In Vorbereitung der Aufnahme der Grotten in die Liste des Weltkulturerbes, mußten einige Veränderungen in der modernen Nutzung der Gegend vorgenommen werden, um die Authentizität und den Schutz der Grotten zu ermöglichen.
Ein interessanter Aspekt dabei war, daß es keiner großen ingenieurtechnischer Projekte bedurfte, um das Problem der in die Grotten zusitzenden Wässer zu lösen. Die Reinigung der Jahrhunderte alten Ableitungssysteme, die schon beim Bau der Grotten angelegt worden waren, war in den meisten Fällen völlig ausreichend.
Stellvertretend für die vielen Grotten sollen hier zwei Grotten vorgestellt werden.
Die Guyang Dong ist die erste und größte Grotte, die nach der Umsiedlung der Hauptstadt nach Luoyang angelegt wurde. Ausgangsbasis für diese Grotte war eine natürlich Karsthöhle.
Die oben schon erwähnten, verschärften Bemühungen um eine Sinisierung der Kultur der Dynastie fanden ihren Niederschlag auch in der Gestaltung der Skulpturen, der Inschriften und der dafür verwendeten Kalligraphie.
Alle diejenigen, die sich einen persönlichen Vorteil von der Sinisierungspolitik des Kaisers versprachen, spendeten Geld, um die Arbeiten an den Grotten voranzutreiben, ihre Loyalität zu zeigen und sich selber ein Denkmal zu setzen.
Die Zentrale Figur der Grotte ist eine fast acht Meter große Figur des Sakyamuni Buddha, die flankiert wird von zwei Boddhisattvas. In die nördliche und südliche Wand der Grotte wurden in drei Reihen angeordnet Nischen gehauen, die kleinere Statuen enthalten. Darüber hinaus gibt es überall, auch an der Decke, Nischen unterschiedlicher Größe. Alle Figuren in ihnen besitzen Inschriften, die Auskunft über den Anlaß zur Schaffung der Skulpturen liefern, die Künstler und das Datum der Fertigstellung nennen.
Außerdem gibt es über 800 Inschriften, die größte Anzahl in chinesischen Grotten überhaupt.
Die Fengxiansi Grotte (Grotte des Tempels der Ahnenverehrung) ist die größte der Longmen Grotten und das typischste Beispiel für die Grotten aus der Tang- Periode. Der Name bezieht sich auf den Ahnentempel, der einst direkt über der Grotte stand.
Die Grotte ist 34 Meter breit, 38 Meter tief und wurde 675 vollendet.
In der Grotte ist im Zentrum der Buddha Vairocana ( 17 m hoch) mit gekreuzten Beinen auf einem achteckigen Lotosthron sitzend dargestellt, flankiert von jeweils einem Schüler ( 10 m hoch) und einem Boddhisattva ( 13 m hoch). An den Seitenwänden folgen von innen nach außen jeweils ein Himmelkönig ( 10 m hoch) und ein Krieger (nicht ganz 10 m hoch), die beide den Buddhismus schützen.
Der Budda Vairocana trägt auch den Beinamen "Losana", was soviel heißt wie "die Reinheit, die leuchtend über das Land scheint" und ist die zentrale Figur der chinesischen Huayan Schule, einer der vielen buddhistischen Schulen, die sich im Laufe der Zeit in China entwickelten.
In einer kleinen Inschrift in dem Lotosthron wird auf die Stifter der Grotte verwiesen: Kaiser Gaozong und die Kaiserin Wu, deren Züge der Buddha angeblich tragen soll.